Wilde Orchideen in Steffisburg
In den Wäldern und an Wegrändern, aber auch im Siedlungsgebiet von Steffisburg wachsen noch einzelne wilde Orchideen. Sie sind etwas Besonderes, selten, und darum gesamtschweizerisch geschützt. Die Gemeinde engagiert sich zugunsten dieser "Schönheiten am Wegesrand". Sie liess die Orchideenvorkommen in ganz Steffisburg erheben. Gefunden wurden 7 Arten an über 60 Standorten. Ein Pflegekonzept für die gefährdeten Vorkommen zeigt, wie das Überleben der Orchideen unterstützt werden kann, z.B. durch eine etwas spätere Mahd einiger Waldstrassenränder.
Schweizer Orchideen wachsen nicht auf Bäumen wie die tropischen, die wir in Blumengeschäften kaufen können, sondern am Boden wie andere Blumen auch. Die meisten lieben warme, magere und kalkreiche Standorte. Am häufigsten sind Orchideen deshalb bei uns in den Kalkgebieten des Juras und der Alpen, am seltensten im Berner Mittelland und im Kristallin des Berner Oberlandes. Obwohl alle Orchideenarten gesamtschweizerisch geschützt sind, ist der Grossteil der früheren Standorte mittlerweile verschwunden. Gründe sind die rege Bautätigkeit, die intensive landwirtschaftliche Produktion und die frühen Schnittzeitpunkte auf Mähwiesen und an Wegrändern.
2017 wurden die Orchideenstandorte in der Gemeinde Steffisburg erhoben. Dies ist Teil eines kantonsweiten Projekts zur Erhaltung der gefährdeten Orchideenarten ("Masterplan Orchideenschutz Kanton Bern"). Unterstützt wurde es in der Gemeinde Steffisburg zusätzlich durch die Energie Thun AG und Pro Natura. Denn erhalten lässt sich nur, was auch bekannt ist. Gefunden wurden überraschenderweise mehr als 60 Orchideenvorkommen. Dies ist umso erfreulicher, als anfänglich nur eine Hand voll bekannt war. Von den 59 im Kanton Bern vorkommenden Arten fanden sich in Steffisburg allerdings nur noch deren 7. Das sind nicht ganz so viele, wie im Durchschnitt anderer Gemeinden im Berner Mittelland (11). Neben dem durch den Menschen verursachten Rückgang liegt ein natürlicher Grund darin, dass der geologische Untergrund in Steffisburg in grossen Bereichen nicht kalkreich ist und damit viele Böden für Orchideen zu sauer sind. An vielen Standorten sind es nur Einzelpflanzen. Die früher auf Magerwiesen und spätgemähten Restflächen vorhandenen Orchideen sind verschwunden. Die Vorkommen liegen heute fast ausschliesslich im Wald. Doch Orchideen sind Pionierpflanzen. Sie besiedeln deshalb auch vom Menschen geschaffene, neue Areale. So wurden Vorkommen an Strassenrändern, in Rabatten und auf Flachdächern gefunden.
Die Pflege der Orchideenvorkommen wird mit dem Werkhof und dem Förster koordiniert. Wegränder werden in Zukunft dort, wo es Orchideen hat und nicht die Verkehrssicherheit prioritär ist, nach Möglichkeit später gemäht. Nicht nur "alles sauber geputzt" ist Trumpf, sondern auch Artenvielfalt. Denn wo Orchideen wachsen, ist es mager, und dort sind auch viele andere seltene Tier- und Pflanzenarten zu Hause.
Auch Sie können etwas beitragen. Falls Sie auf Ihrem Grundstück Orchideen finden, so melden Sie sich doch direkt bei der Abteilung Tiefbau/Umwelt. Diese wird Ihnen mitteilen, was Sie für die Erhaltung am besten unternehmen. Meistens heisst dies: weniger ist mehr, denn Orchideen muss man nur leben lassen, spezielle Pflege benötigen sie nicht.
Orchideenarten in Steffisburg
Die verschiedenen Orchideenarten finden Sie im untenstehenden Dokument "Orchideen in Steffisburg"
Orchideenkonzept
Das Orchideen-Pflegekonzept wurde am 24. April 2017 ins Leben gerufen. Im Rahmen dieses Konzepts erfolgte eine Kartierung der Orchideenstandorte, eine Zustandsanalyse inklusive Gefährdungseinschätzung der Orchideenstandorte, eine Massnahmenplanung und Priorisierung der gefährdeten Standorte und eine Berichterstattung mit einer Übersichtstabelle der Standorte (Koordinaten) und einen Plan der vorkommenden Arten inklusive der nötigen Pflegemassnahmen. Um den Schutz der Orchideenstandorte längerfristig zu schützen wurde ein Detailkonzept erarbeitet. Dieses beinhaltet die Massnahme zur Förderung und Schutz der Orchideenstandorte wie zum Beispiel das geeignete Mähregime und die erforderliche Waldpflege zur Etablierung und Förderung der Orchideenstandorte. Weiter umfasst es die Sensibilisierung der Bevölkerung mit besonderem Fokus auf die GrundeigentümerInnen und die LandbewirtschafterInnen. Die umgesetzten Massnahmen erzielten Erfolg und neue Orchideenvorkommen etablierten sich und bestehende konnten sich ausdehnen. Die Umsetzung des Konzepts kann als grosser Erfolg angesehen werden. In Anbetracht dieses Erfolges sollten die seltenen Exemplare der langblättrigen Waldvögelein (Cephalanthera longifolia) und der Purpur-Orchis (Orchis purpurea) weiter geschützt, gepflegt und vervielfacht werden. Diese Erfolge sollen im Rahmen eines weiteren Konzepts zur Pflege der Orchideenstandorte in der Gemeinde Steffisburg 2021-2023 weiterhin erzielt werden.